Liebe Schülerinnen und liebe Schüler!
Ich sage es gleich ganz offen heraus: Wir Lehrer sind verunsichert. Denn letztes Schuljahr ist sehr viel passiert, was unser Vertrauen in euren Umgang mit Daten und den digitalen Medien stark erschüttert hat. Natürlich sind „unseren“ und „euren“ dabei grobe Verallgemeinerungen, aber da liegt schon ein Teil des Problems – viele von uns Lehrern, zu viele, haben nur mehr sehr bedingt das Vertrauen, dass sich alle von euch an die gemeinsamen Spielregeln halten.
Besonders gemein daran ist: Wir wissen, dass sich der Großteil von euch sehr wohl an die Regeln hält.
Wir benötigen aber das Vertrauen in euch, um mit diesen Medien zu arbeiten, um offen auf euch zuzugehen, um Neues auszuprobieren.
Wir, unsere gesamte Gesellschaft, hat noch nicht wirklich gelernt, mit den sozialen Medien umzugehen, mit Datenschutz. Wir Erwachsenen sind da oft auch kein gutes Vorbild. Wie sollt ihr etwa lernen, mit Daten sensibel umzugehen, wenn Herr Zuckerberg Milliarden damit verdient, dass er diese verscherbelt? Ja, wir verlangen von euch mehr Verantwortungsgefühl, als es dieser „erfolgreiche“ Multimilliardär zeigt. Warum? Weil wir immer noch ein humanistisches Bildungsideal haben, bei dem der Mensch und nicht der Profit im Mittelpunkt steht. Und ja, nehmt uns ruhig in die Pflicht nie zu vergessen, dass ihr als junge Menschen im Mittelpunkt unserer Bemühungen steht. Euer Wohl. Eure Bildung. Eure Persönlichkeit.
Als Schule waren wir letztes Schuljahr mit einigen Fällen konfrontiert, auf die wir nicht vorbereitet waren, mit denen wir nicht gerechnet haben, wo wir zum Teil nicht, zu langsam und wahrscheinlich auch oft nicht gut reagiert haben. Wir sind aber schon lange zusammengesessen, haben viel und auch ganz schön heftig diskutiert, im Zweiergespräch ebenso wie im großen Rahmen der Konferenz. Wir werden dieses Schuljahr, noch im September, eine weitere Konferenz abhalten. Um uns zu schützen. Um euch klarere Richtlinien zu geben, wo wir rote Linien sehen, die nicht überschritten werden dürfen, etwa das Hacken von Passwörtern, um nur ein Beispiel zu nennen. Und natürlich auch, um festzulegen, welche Konsequenzen es haben kann, ja wohl auch muss, wenn diese roten Linien überschritten werden.
Das sehen wir als Notwendigkeit. Das ist aber nicht der Weg, den wir grundsätzlich gehen wollen. Das ist nur der Weg, den wir gehen müssen, wenn der gemeinsame Weg verlassen wird.
Ich selbst bin froh, dass es all diese Herausforderungen noch nicht gab, als ich Schüler war. Ich wäre wohl überfordert gewesen. Mein Verständnis bedeutet aber nicht, dass Missbrauch akzeptabel ist, sondern vielmehr, wie wichtig klare Grenzen sind. Ja mehr noch: Ihr dürft auch untereinander Grenzüberschreitungen nicht akzeptieren. Wer die Spielregeln verletzt, verändert das Spiel. Im schlimmsten Fall zum Nachteil für alle.
Daher wende ich mich mit einer Bitte an euch (die sich an die Eltern und meine Kolleginnen und Kollegen genauso richtet): Versuchen wir weiter den gemeinsamen Weg zu gehen. Auch und gerade dort, wo es Schwierigkeiten und Spannungen gibt. Lasst uns etwaige Konflikte offen, ehrlich, direkt und gemeinsam austragen. Gemeinsam Lösungen finden. Und daraus lernen.
Wir Lehrer sind etwas verunsichert. Ihr Schüler wohl auch. Geben wir uns gegenseitig Sicherheit.
Euer Markus Tobischek, Schülerberater & Lehrer
Dieser Text erschien bereits Ende des letztes Schuljahres in der Printausgabe unserer Schülerzeitung. Es wurden nur die Zeitangaben adaptiert.