Wenn du um ein paar Jahre zu jung bist, um Teil der wahren Harry-Potter-Generation zu sein, dann hat dich wahrscheinlich eine andere Filmreihe vom ersten Mal alleine mit Freunden ins Kino gehen übers erste Mal nach dem Kino noch länger draußen bleiben bis zu dem Moment begleitet, in dem du wegen frühem Maturastress ernsthaft überlegst, dich doch gar nicht erst ins Kino zu setzen, sondern lieber zu warten, bis der Film auch übers Netflix-Konto der besten Freundin verfügbar ist. Wie bei Rowling geht es auch hier um eine Gruppe von Jugendlichen in einer ganz besonderen Schule und um ein Waisenkind, das sie immer wieder unter nur halb-legalen Umständen vor dem Verderben rettet. Richtig geraten – von Bora Dağtekins Fack ju Göhte ist die Rede, das mittlerweile schon stolze drei Teile zählt. Nummer Drei, von den Werbetreibenden auch liebevoll „The Final Fack“ genannt, läuft momentan in den Kinos. Lehrer Zeki Müller muss die Goethe-Gesamtschule vor der Schließung bewahren, indem er seine unmotivierte Klasse zum Lernen bewegt.
Was ich dazu sage?
Es gibt da diese eine Regel, die jeder Film-Zuseher sehr schnell versteht, aber noch schneller vergisst, sobald er sich in einen Filme-Macher verwandelt. Und die lautet: Egal wie erfolgreich dein Film ist, drehe niemals eine Fortsetzung. Und sollte diese Fortsetzung auch noch erfolgreich sein, setzte diese niemals, aber auch wirklich niemals fort. Das hätte man wohl auch Herrn Dağtekin erzählen müssen. Der nämlich dreht munter Teil drei und verliert dabei mehr und mehr an Humor, Inhalt und ganz nebenbei bemerkt auch Hauptdarstellerin Karoline Herfurth. Ihr Verschwinden wird innerhalb der ersten dreißig Sekunden der Handlung abgeklärt – sie ist halt nach England gegangen und bleibt jetzt dort. Ende. Zeki ist also wieder Single und bekommt eine neue rotblonde Lehrerin zu seiner Unterstützung (Sandra Hüller), mit der er nicht zusammenkommt, kaum flirtet und die kurz vor Ende des Films unbemerkt wieder verschwindet.
Statt dem gewohnten bisschen Kitsch gibt es eine Menge übertriebenen: Fack ju Göhte 3 versucht, den gewohnten Mangel an Political Correctness wieder zum Hauptthema zu machen – und scheitert an eigentlich vielversprechenden Ausgangslagen, wie etwa einem Anti-Mobbing-Seminar, dessen Ende den Zuseher wohl rühren soll. Und dann gibt es da noch die Storylines von Chantal und ihrem Nerd-Freund, der jegliche Intimität verweigert und die von drei Mädchen, die ihren gemeinsamen Suizid planen und auch durchführen wollen. Das ist alles genauso komisch und unverständlich wie es hier klingt. Ziemlich bald überkommt mich beim Zusehen ein ganz unangenehmes Gefühl, so wie wenn sich ein Freund von dir gegen fünfzehn Uhr auf eine Bühne stellt und laut und falsch singt. Mit dem Zusatz, dass ich weiß, dass unser Freund Dağtekin das ja eigentlich auch besser kann. Dass sich am Ende des Films dann jeder und jede der zuvor rebellischen – man könnte fast sagen, gesellschaftskritischen – Jugendlichen anpasst und einen prestigeträchtigen und irgendwie pseudo-elitären Beruf ergreift, ist die letzte der vielen Enttäuschungen, die ich im Laufe von zwei Stunden erlebe. Vielleicht haben die Lebensretter in Waisengestalt ja langsam ausgedient. Vielleicht hätte ich den Film auch einfach irgendwann einmal auf Netflix anschauen sollen.
Wer sich selbst ein Bild machen will, kann mal hier vorbeischauen: Trailer