„Auf der Uni trägt euch keiner mehr die Zetteln nach“, hat die Frau Professor immer erzählt. Fun Fact: Auf der Uni trägt dir wirklich niemand irgendwas nach. Bis jetzt komme ich durch.
Ich sollte so einen Text ja gar nicht schreiben, solange ich keine einzige Prüfung hinter mir habe. Aber wie das eben so ist (bitte nicht zuhause nachmachen, sonst verklagen mich eure Lehrerinnen): Je näher die Prüfungen kommen, desto mehr Dinge fallen mir ein, die ich tun könnte, statt an meinen Lernkarten zu basteln. Klopf auf Holz, und so.
Seit meinem ersten Unitag, dem 1. Oktober, habe ich erfolgreich ein Studium geschmissen, fünfunddreißigtausendmal erklärt, wieso ich erst siebzehn bin (Stichwort/Notlüge „früher eingeschult“). Ich habe ur viele Leute kennengelernt, war in winzigen, ranzigen sowie wunderschönen Studenten-WGs zu Besuch und bin in zahllosen, verdammt spannenden Vorlesungen gesessen. Außerdem hab ich für euch auch ein paar Punkte gesammelt, die ich außerhalb meiner Vorlesungen lernen musste.
1. Wie man inskribiert
Das Inskribieren (also: Das Anmelden auf der Uni) war das Schlimmste. Es gibt auf der Website der Uni Wien zwar Video-Tutorials dazu, aber die sind ur cringy und ur schlecht. VIelleicht mach ich noch ein Tutorial, wenn der Spaß für die Achtklässlerinnen unter euch näher rückt, aber hier im Schnelldurchlauf eine Inkribtionsanleitung für die Uni Wien:
https://uspace.univie.ac.at aufrufen und ein Konto erstellen. Dabei das Studium deiner Wahl auswählen. Dich dann über die Bestätigungsemail freuen .
Innerhalb eines Zeitraums, der in uspace angegeben wird, mit Matura-Zeugnis, Meldezettel, deiner Bankomatkarte und einem Foto, auf dem du idealerweise nicht wie zwölf aussiehst, auf die Uni fahren. Dort eine Nummer ziehen. Drei Stunden warten. Drankommen. Dokumente abgeben. Zwanzig Euro ÖH-Beitrag bezahlen. Von der Lady am Schalter ausgelacht werden, weil du auf deinem Foto leider doch wie zwölf ausschaust.
Dann eine Tasche voll spaßigem Info-Material für die ganze Familie geschenkt bekommen und ein paar Wochen warten, bis dir dein Studierendenausweis mit der Post geschickt wird. Und fertig.
2. Keiner geht in die Vorlesung um 8 Uhr morgens.
Ich hab mich sogar für eine angemeldet. Ich war sogar einmal dort. Es sollte bei diesem einen Mal bleiben.
3. Verliere dein Zeugs einfach nicht.
Du findest es nie wieder. Die „Fundgrube“ in der Keimgasse ist ein ganzer verdammter Raum im Keller und auf der Keimgasse gibt es nur 1000 Schüler. Im ersten Germanistik-Semester allein sind 1000 Studierende und für die GESAMTE UNI gibt es eine Fundgrube in der Größe eines Schuhkartons. Rest in Peace, mein Federpennal, meine weiße Mappe, meine Geldbörse, meine Selbstachtung, …
4. Die Uni ist ein bisschen wie Hogwarts.
Nur anfangs ohne alles, was Spaß macht. Das Hauptgebäude ist groß und alt, aber die Statuen können nicht sprechen. Es gibt praktisch keine Steckdosen, die Stiegenhäuser sind alt, schön und perfekt, um sich darin zu verlaufen. Das Klo riecht nach Troll. Im Zaubertrankunterricht hast du keine Ahnung, was abgeht, und irgendeinen grausligen Professor mit fettigen Haaren gibts auch immer. Aber: Wie auch im schottischen Schloss sind es die Freundinnen, die – Zeit für Kitsch – den ganzen Zauber ausmachen.
5. Es trägt dir wirklich keiner die Zetteln nach
„Ja, ja“, hab ich mir in der Schule immer gedacht, „das sagen die Lehrerinnen alle nur, um uns vorzubereiten, das stimmt ja nicht wirklich“. Immerhin hat meine Volksschullehrerin auch quasi prognostiziert, im Gymnasium müsste man zweimal täglich exerzieren und würde einmal wöchentlich exorziert. Turns out: Das mit dem Gym war übertrieben, das mit den Zetteln nicht.
Find ich nicht okay, aber das juckt keinen, weil man nicht einfach zur Frau KV petzen gehen kann. Deswegen bleiben zwei Möglichkeiten: a) sich selbstständig organisieren, und b) die Zetteln mit stoischer Ruhe verschmeißen.
6. Eigentlich sind alle so wie du
Auf der Uni ist es schon komisch – einerseits redet man über die Pensionsvorsorge und nimmt sukzessive Wörter wie „sukzessive“ in den aktiven Wortschatz auf – andererseits geht man regelmäßig unter der Woche fort. Wie ein Mensch, der so richtig hart die Kontrolle über sein Leben verloren hat.
Während manche eine Wohnung am Schottenring haben, spielst du mit dem Gedanken, dir als Abendessen die Pasta Pomodoro deiner Nachbarin aus deren Mistkübel zu fischen. Während du rumheulst, dass du nicht zum Lernen kommst, weil du mit Big Bang Theory begonnen hast und vor dem Finale im Frühling alle zwölf Staffeln durchschauen willst, gehen andere jeden Morgen um sechs ins Fitnessstudio.
Aber: Eigentlich sind alle so wie du. Alle freuen sich darüber, Leute kennenzulernen, wollen sich zurechtfinden. Niemand weiß wirklich, was er oder sie tut. Jeder bemüht sich, es herauszufinden. Alle freuen sich über den Punschstand am Campus.
Als Fazit meiner ersten zwei Uni-Monate gibt’s also eine mehr oder weniger große Entwarnung: Man findet sich da schon zurecht. Schlimmer als der neue Fantastic Beasts Film kanns nicht werden. Und oh, wartet, ich spür da was in meiner Tasche. Glaubt es oder nicht: Ich hab sogar gerade einen Zettel wieder gefunden. Da werd ich doch gleich ein bisschen was lernen.
Wünsche euch einen schönen Dezember,
man liest sich,
SuSa
Titelbild: © Universität Wien/ Barbara Mair