„Pringles oder Schokolade?“, fragte sich Leon, als er in der Freistunde vor dem Süßigkeitenregal beim Billa stand. Das waren die Fragen, die sein Leben beeinflussten. Oder beeinflussen könnten. Dachte er zumindest. Entscheidungen faszinierten Leon sehr. Wie viel kann von einer einzigen Entscheidung abhängen? Was wäre wenn er sich einmal anders entschieden hätte? Würde dann vielleicht die ganze Welt anders für ihn aussehen? Selbst wenn, er würde es nie erfahren. Leon stellte sich das so vor, fast wie eine Dominobahn, wo man einen Stein umwirft, worauf alle anderen ebenfalls umfallen: Wenn Leon sich Pringles kauft, kommt ihm vielleicht ein Mann entgegen, der keine Pringles kennt, weshalb er die Packung näher betrachtet, da es ihn interessiert, was das sei. In diesem Moment achtet er vielleicht nicht auf die Straße, weswegen er versehentlich in einen Hundehaufen steigt. Wenn er es zu Hause bemerkt, wird er vielleicht wütend sein und strenger mit seinen Kindern umgehen. Diese sind dann vielleicht angefressen und können sich am nächsten Tag nicht so gut konzentrieren, weswegen sie paar Fehler machen und einer vielleicht von seinen Mitschülern dafür gehänselt wird. Vielleicht schaukelt sich das auf und ein fremder Schüler, den Leon nicht einmal kennt, wird vielleicht zu einem Mobbingopfer. Und wenn er Schokolade gekauft hätte, wäre das ganze dann nicht passiert? Vielleicht war das ganze jetzt ein wenig übertrieben, aber so etwas in der Art stellte sich Leon vor. „Also was jetzt: Pringles oder Schokolade?“
„Beides!“, antwortete eine Stimme laut. Leon drehte sich erschrocken um, konnte jedoch niemanden sehen. Also antwortete Leon: „Für beides hab ich nicht genug Geld!“ „Jaja…hier nicht, hier nicht“, antwortete die Stimme. „Du hast Recht, hier kannst du nur eines davon kaufen…“, sagte die Stimme bedächtig. Erneut blickte sich Leon suchend um. Da erkannte er ein kleines grünes Männchen. Es stand mit seiner beachtlichen Größe von fast 20 cm vor ihm. „In diesem Universum hast du zu wenig Geld. Aber für was auch immer du dich entscheidest: In irgendeinem Universum wirst du dich anders entscheiden“, erklärte das Männchen. Es hatte stechend rote Augen auf einem im Vergleich zum Körper sehr großen Kopf. „Was meinst du damit?“, fragte Leon verwirrt. „Willst du damit sagen, dass es noch mehr Universen gibt als dieses hier? Und dass es mich in denen auch gibt?“ „Es gibt unendlich viele, mein Kind. Und alles was sein kann, ist. Es gibt Universen, die komplett anders als dieses sind, nicht wieder zu erkennen. Dort gibt es vielleicht keine Menschen, dort ist vielleicht die Physik ganz anders oder es besteht alles aus Süßigkeiten. Dann wiederum gibt es Universen, die diesem verwechselbar ähnlich sind. In dem genau das gleiche passiert, außer das du zum Hofer statt zum Billa gegangen bist, J. K. Rowling Harry Potter auf Türkisch geschrieben hat oder du statt Leon Migal genannt worden bist. Und vergiss nie: Alles was sein kann, ist. Irgendwo. In irgendeinem von unendlich vielen Paralleluniversen.“ Mit diesen Worten löste sich das grüne Männchen in Luft auf, und Leon wusste nicht, dass dies der Beginn eines großen Abenteuers war.